Die Berufliche Reha hatte sich gegen Mitte November '15 ad acta gelegt, da ich ca. 2 Wochen nach meinem vorletzten Vorstellungsgespräch die Zusage bekam.
Dann der Arbeitsvertrag und mir fiel nach 11 Monaten Arbeitslosigkeit wortwörtlich ein Stein vom Herzen.
Im selben Zeitraum kam ich wieder auf das Thema HSM - Hochsensible Menschen.
Es gibt 2 Arten von Menschen: Die einen, die ihre Umwelt feinfühliger wahrnehmen und die anderen, die eben nicht so sind.
Wie kam ich nun darauf, dass ich HS sein könnte?
Seit ich denken kann war mein Leben bestimmt durch den Musikverein, indem bis auf meine Mutter und Tante alle Familienmitglieder involviert waren.
Also hieß es fast immer jeden Freitag üben und am Wochenende Auftritte. Das seitdem ich 9 Jahre alt war.
Dann mit kleiner Schwester, wo meine Eltern zu oft sagten: „Nimm sie bitte mit zu deinen Freundinnen“.
Damals hab ich meine Schwester dafür verachtet, dass ich sie mitnehmen musste.
Heute tut es mir Leid, dass ich jedes Mal so wütend war, wenn sie mit sollte. Dabei konnte sie nie etwas dafür.
Demnach hatte ich wenig Zeit für mich, um herauszufinden wer ich bin.
Hinzu kam meine Schilddrüsenunterfunktion, die nur 4 Jahre und ab meinem 11. Lebensjahr nicht mehr kontrolliert und behandelt wurde.
Gerade in die 5. Klasse gekommen kam ich im Unterricht vor Müdigkeit kaum hinterher. Nach jeder Unterrichtsstunde musste ich mich auf meinem Tisch ausruhen und die Augen zumachen.
Das wurde dann natürlich von allen als „faul“ abgetan.
Irgendwie hab ich dann die Realschule doch mit 2,5 geschafft, konnte mich aber beruflich nie so richtig festlegen. Ich wusste, dass ich gut Querflöte spielen kann, aber mein Noten lesen reichte nicht, um beruflich damit was anzufangen. Schlussendlich entschloß ich mich für eine Ausbildung als Mediengestalterin.
Auch was Freundschaften anging, war es nicht so einfach. Ich war Mauerblümchen und Mitläuferin. Immer mit der Hoffnung andere nicht zu kränken, zu verletzten, im Stich zu lassen, aber eben auch gemocht zu werden. Ich tat vieles dafür, anderen zu genügen und lernte nie, mir selbst zu genügen.
Freundinnen nutzen mich aus oder waren nicht einmal in der Lage über Probleme die sie angeblich mit mir hatten vernünftig zu reden. Freundschaften hielten nicht lang und wurden von anderen einfach auf Eis gelegt. Das alles war sehr belastend und ich hab sehr viele Jahre damit zu kämpfen gehabt.
Selbst dann als ich anfing zu arbeiten war der Drang dazu zugehören riesig. Ich fing an Geheimnisse absichtlich zu verraten, nur weil sie gerade zum Thema passten und ich dachte, ich stehe damit im Mittelpunkt. Lob und Aufmerksamkeit zu bekommen stand an erster Stelle und obwohl meine Intuition immer etwas anderes sagte, ignorierte ich sie.
Jedes Mal wenn ich merkte, dass ist nicht richtig, kam dann sofort der Gedanke „versuche es und du wirst es sehen“.
So gab es oft Kritik und Schimpftiraden, die ich doch eigentlich vermeiden wollte.
Bei neuen Bekannten war ich sofort hinter her, dass sich eine Freundschaft entwickelte. Jetzt im Nachhinein glaube ich die Leute auch sehr oft überfordert zu haben.
ABER DAS WAR NICHT ICH - der Drang sich gesellschaftlich unterzuordnen, Freunde zu haben, nicht Arbeitslos zu sein, nicht zu jammern usw. brachten mich bald an meine Grenzen.
Auch damals merkte ich, dass mein Gerechtigkeitssinn sehr stark ausgeprägt war.
In der Ausbildung habe ich versucht dagegen anzugehen, dass wir Azubis nicht permanent Arbeit verrichten, die nicht Teil der Ausbildung war.
Damit bin ich oft angeeckt, zumindest in der Chefetage.
Wie dem auch sei, nun weiß ich seit Mitte November das ich auch zu den hochsensiblen Menschen gehöre.
Ich bin oft sehr emphatisch, also ich nehme Gefühle von anderen schneller wahr. Leider bin ich auch oft unbeholfen und sage / schreibe was, was bei anderen in dem Moment nicht so gut ankommt. Aber ich hab es bisher nie böse gemeint.
Da ich so sensibel auf die Gefühle anderer reagiere, ist auch mein Helfersyndrom stark ausgeprägt (gewesen). Da ich das Helfersyndrom leider zu häufig mit dem Drang nach Aufmerksamkeit vermischt habe, ist natürlich auch viel schief gegangen.
Hinzu kommt, dass ich zB auf Märkten wie dem Weihnachtsmarkt vor den Menschenmassen Angst bekam. Als Kind und dann auch als Erwachsene - bin nur 1.58m groß - kam es sehr oft vor, dass ich meine Eltern oder meinen Freund in der Menge verlor.
Mittlerweile weiß ich, dass ich zwar nicht gut mit Mengen klar komme, aber das ich auch schnell reizüberflutet bin.
So viele Lichter, Geräusche und Gerüche, dass ich oft schnell an meine Grenzen komme.
In den kognitiven Bereich zähle ich mein logisches Denkvermögen, was gerade bei Hashi sehr hilfreich war um die biochemischen Zusammenhänge zu verstehen.
Und mein Gespür für Wahr oder Falsch ist sehr gut ausgeprägt.
Small Talk ist mir nichts. Wenn ich die Gelegenheit habe, dann zerpflücke ich die Themen gern. Natürlich nicht übertrieben bis auf’s kleinste Detail. Es interessiert mich aber, alles ausführlicher zu behandeln, als jetzt nur die Hauptinformationen zu bekommen.
Die Kombination zu Hashi
Ich wusste das sich durch mein Leben ein roter Faden zog.
Wusste, dass es dafür eine Lösung geben muss und ich nah an ihr dran bin, aber irgendetwas fehlte.
Durch Hashi habe ich gelernt, dass ich meine Grenzen schneller erreiche und mir Ruhe gönnen muss, weil es sich sonst rächt - körperlich und geistig.
Ständig der Vergleich mit anderen, die natürlich aktiver sind als ich und länger durchhalten. Zu oft gedacht, was sie wohl von mir denken könnten.
4 Jahre waren ja viele der Meinung ich simuliere, somit war es schon fast Erlösung eine Diagnose zu bekommen.
Dann dachte ich für eine lange Zeit ich könnte lernen wie andere zu sein. Wollte vieles dafür tun mich zu ändern und zwar mit professioneller therapeutischer Hilfe.
Jetzt im Nachhinein ist das natürlich Käse, weil es keinen Unterschied zu vorher machte. Jemand zu sein, der man nicht ist.
Es war sehr schwierig zu akzeptieren, dass ich nicht so bin wie andere. Allerdings hatte ich, seit ich denken kann, sowieso das Gefühl nicht dazuzugehören.
Als ich dann auf HS stieß merkte ich, wie unsinnig dieser Wunsch nach Akzeptanz und Veränderung für andere war.
Denn ich muss es nur mir recht machen. Niemand lebt mein Leben, nur ich.
Auf jeden Fall weiß ich jetzt, dass mein Körper mir Signale gibt, wenn zB Hashi wütet.
Ich, wenn ich überreizt bin die Signale auch wahrnehme und reagiere. Anders als früher, als ich meine Grenzen überschritten habe. Meine HS-Seite zu übergehen bedeutet zwangsläufig das Anheizen der Autoimmunerkrankung, somit mache ich mir das Leben selbst nicht leicht.
Wer sich mal etwas näher mit dem Thema auseinandersetzen möchte: http://www.zartbesaitet.net
Das zugehörige Buch* ist sehr aufschlussreich. Sehr oft gab es bei mir den "Oha"-Effekt und ich hab mich eigentlich sehr oft wiedererkannt: