Glücklicherweise nahm man mich dennoch dran und nach 10 Minuten war es auch schon vollbracht. - Nun also ab nach Hause.
In dem großen Gebäudekomplex mit mehreren Ärzten traf ich auf eine junge Frau die vor der Neurologie stand. Diese war aber wegen Urlaub geschlossen.
Sie drehte sich zu mir und fragte "Do you speak english?" - "Yes, a little bit!" und schon kamen wir ins Gespräch. Zuerst ging es darum, dass sie vom Arzt 2 Überweisungsscheine zum EEG in der Neurologie bekommen hatte. Dies aber nun ein Notfall war und sie nicht wusste wohin.
Ich ging darauf hin zurück in die Praxis meiner Endokrinologin und schilderte kurz das Problem. Die Damen am Empfang waren sehr hilfsbereit und gaben mir einen Zettel mit 2 weiteren Neurologen.
Zurück bei ihr erklärte sie mir, dass sie so schnell von zu Hause weg ist, dass sie weder Geld noch Handy einstecken konnte. Aber wenigstens noch ihre Monatskarte der Straßenbahn.
Erst empfand ich es etwas merkwürdig und war unsicher, ob ich ihr helfen sollte. Doch dann sah ich die vielen blauen Flecke in ihrem Gesicht. Um das rechte Auge und an der Nase.
Ich rief für sie bei den beiden Neurologen an. Doch beide hatten erst am Nachmittag geöffnet. Also schlug ich ihr die Notaufnahme der Uniklinik vor. Auch weil diese nicht weit entfernt war.
Sie zeigte mir ihre Überweisungsscheine und dort stand, dass sie 3 Jahre lang dauerhaft Schläge gegen den Kopf ausgesetzt war. Da wusste ich, ich möchte ihr helfen.
Also fuhr ich mit ihr in die Klinik und dolmetschte, so gut ich konnte. Auch dort waren alle sehr hilfsbereit - obwohl wir vom Empfang, zur Neurologie und von da aus in die Notaufnahme geschickt wurden.
Yuna war sehr glücklich darüber, dass ich da war und ihr half. Ihr Englisch war zwar ausgezeichnet, weil sie Schauspielerin ist, aber diese täglichen Ängste machten ihr zu schaffen. Ich erfuhr, dass sie aus Albaninen kommt und seit 2 Monaten in Deutschland ist. 26 Jahre, mit einem 2-jährigen Sohn. Der Schlägertyp, ist ihr Freund, der sie nicht nur körperlich misshandelte. Mehrmals kam mir die Frage, wieso er mit nach Deutschland gekommen ist und warum sie sich nicht trennt.
Sie hat es mehrmals versucht, aber jedesmal hat er es vereitelt und gesagt, er würde ihr den Sohn nehmen. Jeden Tag hat sie Angst vor ihm, Angst davor abgeschoben zu werden, weil sie ein "Wirtschaftsflüchtling" ist. Ihr Sohn hat durch die Prügeleien auch seelische Schäden davon getragen.
In Albanien hat sie keine Chance. Ihre Familie ist arm und kann sie auch nicht beschützen. Dort wäre sie "tot", weil auch Arbeit entweder gar nicht an Frauen gegeben wird oder aber diese meist nicht bezahlt wird.
Bisher hatte sie schon viel versucht: Beim Sozialamt Formulare ausgefüllt, damit ihr Freund aus der Wohnung muss. Sich ein kleines Netzwerk aufgebaut, um Arbeit zu finden. Laut ihrer Aussage würde sie alles machen, nur um hier in Deutschland bleiben zu dürfen und sich mit ihrem Sohn ein neues Leben aufzubauen. :'(
Was ich für's Erste tun konnte war sie in heute zum Röntgen zu begleiten. Denn die letzte Prügelattacke war letzten Samstag. Nach den 3 Jahren hatt sie nun Angst, eine Gehirnerschütterung oder ähnliches davon getragen zu haben. Deshalb war ich froh, ihr wenigstens etwas helfen zu können.
Zwischendurch kamen wir natürlich auch auf das Thema Schilddrüse und sie erzählte mir, dass in Albanien die Ärzte überhaupt keine Ahnung hätten. 2 Ärzte sagten, sie hätte eine Unterfunktion, andere 2 meinten es wäre nicht so. Nur würde sie von Tag zu Tag müder, schlafe schlecht und hat auch mit dem Magen arg zu kämpfen.
Nachdem mein Auto schon 45 Minuten über das Parkticket war, verabschiedete ich mich. Da ich auch nicht wusste, ob ich einen Strafzettel bekommen hatte. Die Vermutung war aber da. - Meine gute Tat wurde belohnt. Ich hatte keine Strafzettel bekommen. :)
Vorhin hatte sie sich kurz per SMS gemeldet und geschrieben, dass außer den blauen Flecken alles soweit in Ordnung sei, laut Ärzten. - Ansonsten hatte ich eine befreundete Rechtsanwältin um Rat gefragt, die schon sehr hilfreich war.
Ich bin gespannt wie es weiter geht und freue mich, dass der "falsche Termin" zu dieser Hilfsaktion geführt hatte :)
Jeden Tag eine gute Tat!